Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Willehad Groß Grönau

Finanzen

Kein Geheimnis: Die Finanzen der Nordkirche

Woher erhält die Kirche ihre finanziellen Mittel? Und was geschieht mit ihnen? Die Finanzen der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche) sind kein Geheimnis. Sie werden demokratisch beschlossen und sind nachzulesen in öffentlichen Haushalten, von den mehr als 1000 Kirchengemeinden über die 13 Kirchenkreise bis hin zur Landeskirche. Die finanziellen Rahmenbedingungen der Nordkirche sind daher vollständig transparent.

Die Basis der Finanzierung kirchlicher Arbeit sind die Gaben ihrer Mitglieder, also vornehmlich die Kirchensteuer. Hinzu kommen dazu Mittel aus vertraglich geregelten Rechtsansprüchen – die so genannten Staatsleistungen. Sie spielen mit sechs Prozent im Haushalt der Nordkirche nur eine untergeordnete Rolle. Schließlich kommen staatliche Erstattungszahlungen hinzu für Leistungen an der Gesellschaft, beispielsweise im Kindertagesstättenbereich und in der Kranken- und Altenpflege. In diesen Bereichen erfüllen die (Nord-) Kirche und ihre Diakonie öffentliche Aufgaben und erhalten folgerichtig staatliche Erstattungen, die aber zumeist nicht ausreichen, um den tatsächlichen Aufwand abzudecken. Diese finanziellen Zuwendungen des Staates sind keine Subventionen! Im Gegenteil, die wertvolle ehrenamtliche Arbeit, aber auch Kollekten und Spenden, entlasten die staatlichen Haushalte. Aus den Diensten, die die Kirche erbringt, werden also keine Einnahmen für „die Kirche“ gewonnen, sondern umgekehrt: Aus kirchlichen Mitteln (Kirchensteuer, Spenden, Kirchgeld) sowie dem Einsatz der Gläubigen für die Gesellschaft werden soziale Dienste mitfinanziert.

Alle Haushalte auf den verschiedenen Ebenen der Nordkirche werden öffentlich beraten und verabschiedet. Die Haushaltspläne sind einsehbar. Es gibt also keine Schattenhaushalte oder Kassen, die nicht in einem durchsichtigen Verfahren von den Gremien beschlossen werden.

Kirchensteuer

Die Kirchensteuer ist der Mitgliedsbeitrag der Mitglieder für ihre Kirche. Sie ist also ein Mittel der Selbstfinanzierung und orientiert sich an der finanziellen Leistungskraft des Einzelnen. Die Kirchensteuer beträgt im Raum der Nordkirche neun Prozent der Lohn- und Einkommensteuer. Sie wird über das Finanzamt eingezogen und an die Kirchen weitergegeben. Der Staat erhält für diesen Dienst von der Nordkirche drei Prozent des Steueraufkommens. Der Steuereinzug durch die staatlichen Finanzämter wird also von der Kirche bezahlt – er ist kein Geschenk.

Der Kirchensteuereinzug geht auf die Säkularisierung zurück: Bis weit in das 19. Jahrhundert wurde Kirche als öffentliche Angelegenheit betrachtet. Kirchliche Arbeit finanzierte sich durch kirchlichen Grundbesitz und durch direkte staatliche Leistungen. Als die Finanzierung der kirchlichen Arbeit auf die Kirchenmitglieder überging, wurde die Kirche vom Staat finanziell unabhängig. So entstand die Kirchensteuer nicht als Privileg für die Kirchen, vielmehr entlasteten sich die Länder, indem sie die Kirchenmitglieder belasteten. Und so ermöglichte erst die Kirchensteuer die Trennung von Kirche und Staat.

In Deutschland zahlen die 52 Millionen Mitglieder der evangelischen und der katholischen Kirchen heute rund 8 Milliarden Euro Kirchensteuer. In der Nordkirche bringen 2,2 Millionen Gemeindeglieder die Kirchensteuer auf. Diese Mittel machen mehr als 90 Prozent der kirchlichen Einnahmen aus. Von den  418 Millionen Euro (Stand 2013) werden mehr als 80 Prozent an die Kirchengemeinden und -kreise verteilt.

Das Recht, von den Mitgliedern Kirchensteuer zu erheben, ist kein Sonderrecht der Kirchen. Das Grundgesetz bestimmt, dass sämtliche Religionsgemeinschaften dieses Steuererhe-bungsrecht besitzen, sofern sie als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt sind.

Kirchengemeinden können auch um ein freiwilliges Kirchgeld werben, beispielsweise dann, wenn Kirchenmitglieder mit Abschluss ihres Berufslebens keine Lohn- und Einkommenssteuer mehr zahlen, ihre Kirche aber weiterhin finanziell unterstützen wollen. Davon zu unterscheiden ist das so genannte besondere Kirchgeld: Es wird erhoben, wenn der Ehepartner, der das Familieneinkommen erarbeitet, keiner Kirche angehört, die Ehepartner aber steuerlich gemeinsam veranlagt werden. Das besondere Kirchgeld richtet sich nach der Höhe des Familieneinkommens und ist erheblich niedriger als die Kirchensteuer. Die Nordkirche folgt – wie die meisten anderen Landeskirchen auch – mit diesem Modell der staatlichen Steuergesetzgebung.

Kirchenmitglieder bilden eine Solidargemeinschaft. Die unterschiedlichen Formen der Kirchensteuer dienen dazu, die Kosten für die kirchlichen Angebote auf alle Mitglieder der Kirche entsprechend ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit angemessen zu verteilen.

Staatsleistungen

Staatsleistungen sind (1.) vermögenswerte Rechtspositionen, die (2.) auf Dauer angelegt sind und (3.) sachlich einen historischen Bezug zu säkularisationsbedingten Vermögensverlusten der Religionsgemeinschaften haben. Die großen Säkularisationswellen fanden im Zuge der Reformation, des Westfälischen Friedens und des Reichsdeputationshauptschlusses von 1803 statt. Letzterer wird häufig als maßgeblicher Grund für Staatsleistungen genannt, ist aber ganz überwiegend nur für die römisch-katholische Kirche relevant. Die Staatsleistungen für die evangelischen Kirchen beruhen zumeist auf Eigentumsübergängen im Zuge der Reformation.

In den westlichen Bundesländern wurden in den 50-er Jahren mit den evangelischen Landeskirchen und in den östlichen Bundesländern in den 90-er Jahren Staatskirchenverträge geschlossen, die das Verhältnis von Staat und Kirche in den jeweiligen Territorien regeln. Dabei sind die auf einer Vielzahl von alten Gesetzen, Verträgen etc. beruhenden Staatsleistungen kapitalisiert, pauschaliert und mit einer Dynamisierungsklausel versehen worden.

Wie die meisten anderen Landeskirchen auch erhält die Nordkirche solche staatlichen Mittel. Mit rund 26 Millionen Euro stellen sie einen Anteil am Gesamthaushalt von etwa sechs Prozent (Stand 2013). Diese sind nicht etwa Subventionen, sondern historisch bedingte und vertraglich eindeutig geregelte Rechtsansprüche der Kirche gegen den Staat – hier insbesondere gegen die Bundesländer Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. Diese so genannten Staatsleistungen sind zumeist eine Entschädigung für erlittene Vermögensverluste der Kirchen oder ein Ausgleich für frühere Verpflichtungen. So hatte sich der Staat im Zuge der Säkularisation verpflichtet, Aufgaben der Kirche zu finanzieren. Allein der Staat Preußen hat zwischen 1919 und 1943 umgerechnet rund 3,5 Milliarden Euro an die evangelische Kirche geleistet. Das Land Schleswig-Holstein hat später diese Rechtsverpflichtung aufgegriffen und im Staatskirchenvertrag festgelegt. In Mecklenburg-Vorpommern hat sich das Land nach dem Mauerfall ähnlich verhalten.

Im Grundgesetz (Art. 140) ist geregelt, dass eine Ablösung solcher Leistungen erfolgen soll. Ablösung bedeutet Aufhebung gegen Entschädigung. Dies ist natürlich auch für die Nordkirche denkbar. Voraussetzung ist, dass das im Grundgesetz vorgeschriebene Verfahren eingehalten wird. Danach haben die Länder entsprechende Gesetze zu erlassen, die ihrerseits auf einer Grundsatzgesetzgebung des Bundes beruhen müssen. Das bedeutet auch: ohne Grundsatzgesetz des Bundes gibt es keine Ablösung durch die Länder!

Während es früher eine große Anzahl einzelner Verpflichtungen des Staates – beispielsweise gegenüber Gemeinden – gab, bündeln heute Staatsverträge die historischen Ansprüche der Kirchen. Sie haben ihren Ursprung u.a. in Enteignungen und früheren vertraglich geregelten Zusagen des Staates. Im Staatskirchenvertrag des Landes Schleswig-Holstein mit der evangelischen Kirche von 1957 sind insbesondere Zuwendungen für so genannte kirchenregimentliche Zwecke (Leitung bzw. Selbstverwaltung) sowie für Pfarrbesoldung und -versorgung geregelt. Heute liegen die Zahlungen des Landes Schleswig-Holstein bei rund zwölf Millionen Euro.

In Mecklenburg-Vorpommern regelt der so genannte Güstrower Vertrag seit 1994 die Beziehungen zwischen dem Land Mecklenburg-Vorpommern und der evangelischen Kirche. Die früher gewährten Dotationen für Kirchenleitungen, Pfarrbesoldung und -versorgung und kirchenregimentliche Zwecke des Landes sind in den vertraglich beschriebenen Staatsleistungen zusammengefasst worden, die jeweils als Gesamtzuschuss gezahlt werden. Zudem traten an die Stelle der bisherigen Ansprüche aus den staatlichen Baupatronaten und Baulasten pauschalierte Zahlungen. Diese Staatsleistungen gehen zunächst als Einnahme an Landeskirche, die diese über die Schlüsselzuweisungen an die Kirchenkreise Mecklenburg und Pommern weiterreicht.

Von der Freien und Hansestadt Hamburg erhält die Nordkirche keine Staatsleistungen, frühere Verpflichtungen sind in den 60-er und 70-er Jahren abgelöst worden. Der Kirchenkreis Hamburg-Ost erhält allerdings noch eine Zuweisung als Folge der Enteignung eines Klosters im Jahr 1875.

Mittelverteilung

Das Finanzgesetz der Nordkirche sieht vor, dass alle Einnahmen, zu denen u.a. Kirchensteuern und Mittel aus dem EKD-Finanzausgleich zählen, zunächst in den Haushalt der Gesamtkirche fließen. Nach einem Vorwegabzug für zentrale Leistungen und Versorgungsleistungen werden die verbleibenden Mittel zwischen den 13 Kirchenkreisen und der landeskirchlichen Ebene aufgeschlüsselt. Konkret fließen etwa 81 Prozent der Gelder an die Kirchengemeinden und  Kirchenkreise.

Die 13 Kirchenkreise der Nordkirche erhalten ihre Mittel aus der Kirchensteuer nach einem bestimmten Schlüssel, der sich aus der Anzahl der Gemeindeglieder, der Wohnbevölkerungszahl und dem umbauten Raum denkmalgeschützter Gebäude zusammensetzt. Die Unterhaltung dieser Gebäude ist Aufgabe der Kirchenkreise. Diese Verteilkriterien helfen, den tatsächlichen Aufgaben der Kirchenkreise und Kirchengemeinden gerecht zu werden.

In den Kirchenkreisen werden die Finanzmittel der Nordkirche überwiegend an die Kirchengemeinden nach der Gemeindegliederzahl verteilt. Zudem räumt das Finanzgesetz ein, dass 40 Prozent des Gemeindeanteils nach anderen Kriterien verteilt werden können. Darüber hinaus ist festgelegt, dass in allen Kirchenkreisen mindestens zehn Prozent für Dienste und Werke aufgewendet werden.

Rechtliche Stellung

Als „Körperschaften des öffentlichen Rechts“ sind die evangelischen Kirchen genauso steuerpflichtig oder von Steuern befreit, wie andere öffentlich rechtliche Körperschaften. Dies ist kein Privileg oder eine Vergünstigung, sondern schlicht die Anwendung bestehender Gesetze. Die Körperschaften werden gleichbehandelt, sofern sie dieselben Tatbestands-voraussetzungen eines Steuergesetzes erfüllen.

F. Zabel, Stabsstelle Presse und Kommunikation der Nordkirche, November 2013

Quellen/Mitarbeit: Prof. P. Unruh („Religionsverfassungsrecht“) / EKD / BK Schwerin (C. Meyer) / Finanzdezernat (R. Pomrehn)

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