Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Willehad Groß Grönau

Das Tor zum Licht

Dr. Reinhard Eggers (Groß Grönau), Institut für Anatomie der Universität zu Lübeck

in: St. Willehad - Brief 2/06

Anfang Juni 2006 wurde auf dem Friedhof das große Holzkreuz entfernt, das mehr als fünf Jahre lang ein Grabfeld optisch beherrschte, in dem inzwischen die Urnen von mehr als 500 Körperspendern des Instituts für Anatomie der Universität zu Lübeck beigesetzt sind. Das als Provisorium gedachte Kreuz musste einem Gedenkstein weichen, der in seinem Mittelteil die Inschrift trägt:

„SIE HALFEN IM TOD DEN LEBENDEN – WIR DANKEN UND GEDENKEN"

„SIE HALFEN IM TOD DEN LEBENDEN – WIR DANKEN UND GEDENKEN

Bei den Überlegungen zur Gestaltung des Gedenksteins versuchte ich, Bilder oder Formen zu finden für ganz unterschiedliche Aussagen, die mit der Körperspende in Verbindung stehen:

Die Stelen zu beiden Seiten symbolisieren Individuen, die aus unterschiedlichen Richtungen einer gemeinsamen Idee zuwachsen: Menschen aus vielen Orten und aus allen sozialen Schichten, die aus unterschiedlichsten Gründen noch zu Lebzeiten festlegten, dass ihr Körper nach dem Tod für wissenschaftliche Untersuchungen und zur Ausbildung angehender Ärzte zur Verfügung steht. Die nach vorn gerichteten Stelen wirken wie ausgebreitete Arme, die signalisieren, dass jeder Mensch an diesem Ort willkommen ist, nicht nur als Körperspender, sondern auch als Angehöriger, Freund und Gast.

Der Hauptteil des Gedenksteins ist dem Querschnitt durch einen menschlichen Keimling nachempfunden: Die runde Öffnung in der Mitte entspricht der Anlage des Nervensystems, aus dem sich u. a. das Gehirn entwickelt. Sie symbolisiert die Keimzelle für die gemeinsame Idee und den freien Willen für eine ungewöhnliche Entscheidung. Gemeinsam mit der Trennung zwischen den beiden symmetrischen Hälften bildet diese Öffnung die Kontur eines stilisierten Strahlenkreuzes, genau an der Stelle, an der sich vorher das Holzkreuz befand.

Zu einem Entwurf dieses Gedenksteins hörte ich den Kommentar: „Das sieht ja aus wie ein Gartentor!" Dieser Vergleich war zwar etwas abwertend gemeint, traf aber durchaus eine gewollte Interpretation: Für mich ist dieser Stein auch das Tor zu einem Licht, das in Form des Kreuzes für uns im Diesseits erkennbar wird.

Lassen Sie sich bei Ihrem nächsten Gang über den Friedhof von offenen Armen empfangen! Ich würde mich freuen, wenn hier ein Ort entsteht, an dem viele Menschen der Menschen gedenken, denen sie etwas zu verdanken haben.

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